20.04.2020
Hermann Friedrich Wilhelm Gebhardt

Pfarrer,Volkskundler und Kirchenhistoriker in Molschleben

 

Am 22. Juli 1824 wurde er als Sohn des Pfarrers von Molschleben geboren. Von 1838 bis 1842 besuchte er in Gotha die Schule. In der Familie Gebhardt war der Pfarrerberuf
seit Generationen üblich.
So studierte auch Hermann Gebhardt Theologie in Jena.

Nach dem Studium schlug er zunächst die typische Laufbahn eines angehenden Pfarrers im 19. Jahrhundert ein. Er wurde Lehrer in Keilhau bei Rudolstadt. Mit 23 Jahren
setzte Gebhardt sein
Theologiestudium für ein Jahr in Berlin fort. Nach dieser Zeit nahm er eine Stelle als Hauslehrer in Gotha an. 6 Jahre lang mühte sich Gebhardt
vergeblich, eine Pfarrstelle zu finden, so dass er weiter als Lehrer — für einige Jahre auch an der Höheren Töchterschule in Gotha — arbeiten musste. In dieser Zeit heiratete Gebhardt Mathilde,
geb. Agricola. Das Ehepaar Gebhardt
hatte drei Kinder, von denen aber nur Bernhard und Johannes die Kindheit überlebten.

Nach langem Warten erhielt Gebhardt endlich im Alter von 35 Jahren die Pfarrstelle in Eischleben, in der er 10 Jahre als Pfarrer tätig war.

Nach dem Tod seines Vaters wählte ihn 1869 die Gemeinde von Molschleben zu ihrem Pfarrer. Dort blieb er mit seiner Frau bis er 1896 in den Ruhestand versetzt wurde. Die Theologische Fakultät
der Universität Halle ernannte Gebhardt für
seine theologischen Werke 1894 zum Ehrendoktor. 1896 wurde er Kirchenrat.
Im Alter von 75 Jähren starb Hermann Gebhardt am 28. April
1899 in Gotha.

In Molschleben verfasste er eine Reihe Bücher, die das Denken und Arbeiten von Pfarrern und Theologen seiner Zeit beeinflussten.

Zum Beispiel setzte sich Gebhardt mit Themen des Neuen Testamentes intensiv auseinander. Im Buch mit dem Titel „Lehrbegriff der Apokalypse" widmete er sich dem neutestamentlichen
Buch der Johannesoffenbarung. Dieses Werk wurde so berühmt, dass es sogar in einer englischen Ausgabe erschien.

Ein weiteres Buch in drei Bänden, aus der Molschleber  Zeit  ist Gebhardts „Thüringer Kirchengeschichte". Hier erzählt er die Geschichte der Kirche in verständlicher und anschaulicher Art
und Weise. Seine Darstellung reicht vom 4. Jahrhundert nach Christus bis ins Jahr 1848.  Er berichtet aus dem Leben einzelner Personen der Geschichte oder anschaulich von den 
Lebensumständen einiger Pfarrer während des dreißigjährigen Krieges.

Gebhardts „Thüringer Kirchengeschichte" diente lange Zeit als Standardwerk zur hiesigen Regionalkirchengeschichte und ist auch heute noch ein wertvolles  

Nachschlagewerk, auch wenn es inzwischen durch ein neueres Werk von Rudolf Herrmann (1875-1952) abgelöst worden ist. 

Berühmt wurde das Buch „Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre". Gebhardt besaß eine gute Beobachtungsgabe, die ihm half, seine Beobachtungen des ländlichen Lebens und eigene
Erinnerungen niederzuschreiben. Dieses Buch erlaubt  Einblicke in das Verhältnis der Bauern zum Thema „Erziehung und Schule", „Jugend und Heirat", „Ehe und Familie" oder
„Kirche und Gottesdienst" und in die Kultur  ländlichen Lebens.

Auch Gebhardts Buch „Geschichte des Dorfes Molschleben", stellt nicht nur historischen Fakten dar, sondern berichtet über kirchlichen Sitten und Gebräuche im Wandel der Zeiten.
So auch über das Verständnis der Ehe oder Vereinsgründungen im 19. Jahrhundert.

Mit seiner Darstellung zur „Geschichte des Dorfes Molschleben" inspirierte er  andere Pfarrer, das Leben der Menschen in ihren Gemeinden zu beobachten und nieder zu schreiben.
So z.B. Ernst Ehrlich und Traugott Kühn.

Gebhardts besondere — und in seiner Zeit bemerkenswerte — Form der Darstellung, die darauf beruht, das Beobachtete zu erzählen, und seine in Molschleben entstandenen Bücher,
machten ihn zu einem der Begründer der Volkskunde und der Evangelischen Kirchenkunde.

 

Ein Grabstein an der Mauer der Molschleber Kirche erinnert an Ihn und seinen Vater.