19.04.2020
Johann Volkmar Sickler

Pfarrer, Pomologe und Schriftsteller in Kleinfahner

      Johann Volkmar Sickler wurde im Januar 1741 in Güntersleben bei Gotha geboren und wuchs
       in be­scheidenen Verhältnissen auf.
       Als sehr
begabter Schüler erhielt er eine herzogliche Freistelle und studierte Theologie in Jena.
       Er war
verheiratet mit Dorothea Wangemann und Vater von sieben Kindern.  

 

Jahre, Jahrzehnte nach den Plünderungen und Zerstörungen des 30-jährigen Krie­ges litten die Einwohner des kleinen Ortes Kleinfahner unter den Kriegswirren Hunger und Not. Ein Pfarrbesoldungsanschlag von 1654 berichtet, „dass sich in den Gärten nur kleine Herbst-Schleen" befanden. Um den schlimmsten Nöten Abhilfe zu schaffen verordnete die Seebachsche Gerichtsbarkeit, dass Brautleute „mit Eintritt in die Ehe einen Obstbaum in die Gemeine pflanzen mussten". Die Herren von Seebach gingen selbst mit gutem Beispiel voran und ließen in ihren Gärten viele gute Obstsor­ten anpflanzen. Ein Pfarrer berichtet 1753, "Kleinfahner hat seine Gärten rund ums Dorf herum und im Felde viele Obstbäume. Die arme Gemeinde hat nichts vor sich, als Obstbäume und deren Nutzung, die aber bishero wegen des Rau­pen-Geschmeisses sehr misslich gewesen ist."

Im Jahre 1770 wurde Johann Volkmar Sickler Pfarrgehilfe des betagten Pfarrers Reb­stein in Kleinfahner und übernahm 1771 dessen Stelle als Gemeindepfarrer. Zu dem Pfarramt gehörten mehrere Hektar Land. Voller Interesse widmete er sich seiner geist­lichen Funktion und übernahm die Leitung einer ausgedehnten Landwirtschaft.

1772 begann er mit der obstbaulichen Tätigkeit und legte sein erstes Ver­suchsfeld an. „So wurde der oberste Teil von denen sich hinter dem Pfarrgarten befin­denden 2 Acker Pfarrland mit 3 Mandel Apfel, Bim und auch einigen Zwetschgen Bäumen besetzt, welche auf 18 Gulden 4 Gr. 6Pf. kamen und waren von Eisenach hierhergebracht worden." Später legte er sich selbst eine Baumschule an, um „den Baum von der Aussaat der Kerne bis zum Ertrag des Apfels zu beobachten." Die Viel­falt der Sorten und Bezeichnungen brachte er in ein geordnetes System und baute die erste Obstwelke (Dörre), in der die einzelnen Obstarten für den Winter konserviert wurden. All, dies geschah mit der finanziellen und fachlichen Unterstützung des Domprobstes zu Naumburg und Gutsbesitzers in Kleinfahner, Friedrich Wilhelm von Seebach. Durch das Wirken dieser Männer bekam der Obstanbau seinen Aufschwung.

Wesentlichen Einfluss auf Beide, übte zu dieser Zeit der Oberpfarrer Christ in Kronberg aus. Sein Buch „Von der Pflanzung und Wartung der nützlichsten Obstbäume" regte den Herrn von Seebach zum Schriftwechsel an, aus dem sich bald ein reger Sortenankauf und Austausch entwickelte. 1791 bestellte der Domprobst neben anderen Obstbäumen erstmals 15 wohlgewachsene und hochstämmige Kirschenstämmchen. Sickler erkannte, dass sich die Nordseite der Fahner Höhen aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen und Bodenverhältnisse vorzüglich zum Anbau von Süßkirschen eignete. Er versuchte, die Bewohner zum Anbau zu bewegen — bis zu seinen Lebzeiten mit wenig Erfolg. Doch der Grundstein für den Kirschenanbau in Kleinfahner und später um die Fahner Höhe wurde von ihm gelegt.

Sickler vervollkommnete Veredlungsmethoden, typisierte die einzelnen Sorten, arbeitete an der Aufklärung von Eigentümlichkeiten und Anforderungen der verschiedenen Obstarten, unternahm selbst „pomologische Streifen" zu berühmten Obstzüchtern, „um mit ihnen in persönlichen Gedankenaustausch zu treten". Angeregt durch das Interesse und Engagement kamen viele Pomologen und Gärtner nach Kleinfahner, um von Sickler zu lernen.

Auch andere Bäume interessierten Sicklers Seele und er bemühte sich, seine Fortschritte durch „belehrende und anregende" Schriften einem größeren Kreis der Bevölkerung zugänglich zu machen. Von 1794 bis 1804 verfasste er den „Teutschen Obstgärtner", ein großartiges Werk mit 22 Bänden. Mit dem Konditor und Zeichner Gebhardt aus Töttelstädt stellte er ein „Pomologisches Cabinet" zusammen, welches die getreue Nachbildung der beschriebenen Sorten enthält. Weiterhin redigierte er das „Allgemeine teutsche Sortenmagazin", 1808 verfasste er ein „Sortenmemorandum für Liebhaber des Gartenbaus" und 1811 ein „Gartenlexikon für unerfahrene in der Gartenkunst". Zudem übersetzte er mehrere französische pomologische Schriften. Als Förderer und Kenner der Landwirtschaft gab er um 1802-1812 das Sammelwerk „Die teutsche Landwirtschaft in ihrem gesamten Umfang" heraus.

Seine Werke schienen positiv zu wirken. Dann kam die Zeit der Napoleonischen Kriege. Der Absatz wissenschaftlicher Schriften ging ab 1805 zurück. 1806 wurden die Ortschaften Gierstädt und Kleinfahner besetzt. Die französischen Soldaten schlugen ihr Biwak in den Obstplantagen auf und wärmten sich am Feuer der gefällten Bäume. Die jahrzehntelange Arbeit des Obstzüchters Sickler war zerstört. Doch er gab nicht auf und begann wieder neu.

 

Johann Volkmar Sickler stirbt nach einem erfüllten Leben am 31. März 1820. In der Trauerrede wird sein Leben mit den Worten
„Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und seine Blätter verwelken nicht und was er macht gerät wohl" beschrieben.
Er gilt als Begründer des wissenschaftlichen Obstanbaus.